Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett und ihre Bedeutung in der glutenfreien Ernährung
Da es durch den Entzündungsprozess an der Dünndarmschleimhaut bei Zöliakie zur Zottenverkürzung und damit einer schlechteren Nährstoffaufnahme von verschiedenen Vitaminen und Mineralstoffen kommt, machst du dir vermutlich überwiegend über die Versorgung mit diesen Mikronährstoffen Gedanken. Die so genannten Makronährstoffe, also Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett, werden dabei viel weniger beachtet. Dennoch gibt es ein paar Aspekte, die für dich und andere Zöliakie-Betroffene ebenfalls wichtig sind.
Wie sieht deine Eiweißversorgung aus?
Gluten ist ein Eiweiß. Lässt man es weg, könnte man vermuten, dass man zu wenig Eiweiß zu sich nimmt. Das ist jedoch nicht der Fall, hier kann ich dich beruhigen. Im Allgemeinen ist in unserer Ernährung ausreichend viel Eiweiß. Studien zeigten, dass auch in der glutenfreien Ernährung zumeist kein Mangel an Eiweiß zu sehen ist. Oft wird eher - in Bezug auf die geltenden Empfehlungen für den täglichen Bedarf – zu viel Eiweiß in Form von Fleisch und hochverarbeiteten Wurstwaren verzehrt. Das kann gerade in der Phase der Ernährungsumstellung leicht passieren, wenn man Kohlenhydrate als mögliche Glutenquelle meidet und einen Ersatz sucht. In manchen Studien zeigt sich bei glutenfreier Ernährung ein leichter Abfall der Eiweißzufuhr. Dieser liegt dann aber bei den meisten Betroffenen immer noch im Bereich der empfohlenen Menge, so dass dieser Rückgang nicht als kritisch anzusehen ist. Der Trend zur Steigerung von Eiweiß in der Ernährung ist mit viel Vorsicht zu betrachten. Hier solltest du vor allem darauf schauen, dass das Eiweiß natürlicherweise aus den Zutaten der Produkte kommt und nicht „künstlich“ zur besonderen Steigerung zugesetzt ist. Mehr dazu findest du in meinem anderen Blogbeitrag zum Thema Eiweiß in der Ernährung.
Welche Fette brauchst du wirklich?
Fette sind ein weiteres Thema, auf das du bei deiner glutenfreien Ernährung ein Auge haben solltest. Fett hat eine hohe Energiedichte, nämlich pro Gramm mehr als doppelt so viele Kalorien wie Kohlenhydrate oder Eiweiß.
Fett gilt zwar oft als Dickmacher, aber es ist wichtig, die verschiedenen Fettarten zu unterscheiden. Unser Körper benötigt täglich eine bestimmte Menge an Fett– vor allem gesunde Fette sind dabei unerlässlich. Maximal 30% der täglichen Kalorien sollten aus Fetten stammen. Als gesund gelten vor allem die ungesättigten Fettsäuren. Einige dieser Fettsäuren sind sogar lebensnotwendig (essentiell). Das heißt, unser Körper kann sie nicht selbst herstellen und muss sie mit der Nahrung aufnehmen. Dazu gehören die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, ohne die viele Körperfunktionen nicht möglich wären. Andere Fette können wir selbst synthetisieren und damit das produzieren, was wir benötigen. Gesunde Fette finden sich zum Beispiel in kaltgepressten Ölen wie Oliven- oder Leinöl, in naturbelassenen Nüssen oder fettem Fisch.
In der glutenfreien Ernährung zeigt sich immer wieder, dass darin zu viele Fette, vor allem als gesättigte Fettsäuren, vorkommen. Fette sind – wie wir wissen – gute Geschmacksträger und werden daher oftmals den glutenfreien Produkten beigefügt, um den Geschmack und die Konsistenz an glutenhaltige Lebensmittel anzugleichen.
Gut zu wissen!
Was sind gesättigte und ungesättigte Fettsäuren?
Hier kommt etwas Chemie ins Spiel: Bei den gesättigten Fettsäuren kommen keine Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen vor. Einfach ungesättigte Fettsäuren haben eine Doppelbindung, mehrfach ungesättigte mehrere Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen.
Gesättigte Fettsäuren stammen eher aus tierischen Lebensmitteln, aber auch aus Kokos- und Palmöl. Du erkennst sie daran, dass das Fett bei Raumtemperatur fest wird. Das ist z.B. bei Butter oder Schmalz oder auch bei Kokosfett der Fall. Öle hingegen enthalten viele ungesättigte Fettsäuren und sind daher flüssig. Wir sollten allgemein nicht mehr als 10% unserer täglichen Kalorien mit gesättigten Fetten aufnehmen. Sie stellen aber auch eine wichtige Energiequelle dar und werden für bestimmte Zell- und Stoffwechselprodukte benötigt. Isst du davon allerdings zu viel, kann sich das durch einen erhöhten Cholesterinspiegel negativ auf die Blutgefäße und das Herz auswirken und auch dein Gewicht übermäßig ansteigen lassen. Das kann dann letztlich zu einem Typ 2-Diabetes oder zumindest zu einem gestörten Zuckerstoffwechsel durch das Übergewicht führen. Zöliakie-Betroffene haben daher auch ein höheres Risiko, durch eine übermäßige Gewichtszunahme bei unausgewogener Ernährung ein so genanntes metabolisches Syndrom zu entwickeln. Darunter versteht man das gemeinsame Auftreten von Übergewicht, gestörtem Zucker- und Fettstoffwechsel sowie erhöhtem Blutdruck.
Nun kommen wir zu den Kohlenhydraten
Zu den Kohlenhydraten zählen die verschiedenen Zucker und Stärken. Einfache Zucker kann unser Darm sehr leicht aufnehmen, der Blutzucker steigt daraufhin relativ schnell an. Das ist z.B. beim Traubenzucker (Glukose) der Fall. Doppelzucker müssen zunächst gespalten werden und können danach erst als Einfachzucker resorbiert werden. Ein Beispiel dafür wäre der Milchzucker (= Laktose), der durch das Enzym Laktase in die Bestandteile Glukose und Galaktose zerlegt wird. Je komplexer ein Kohlenhydrat ist, also je mehr chemische Bindungen es hat, die vor der Aufnahme an der Darmschleimhaut gespalten werden müssen, umso länger dauert es, bis der Blutzuckerspiegel ansteigt.
Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht solltest du bei Getreideprodukten darauf achten, dass sie einen hohen Anteil an Vollkorn und Ballaststoffen enthalten. Brote aus Vollkornmehl liefern komplexe Kohlenhydrate, die langsamer verdaut werden. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel nur allmählich an, es wird weniger Insulin ausgeschüttet und du bleibst länger satt.
Bei vielen glutenfreien Broten fällt auf, dass sie überwiegend aus hellem Reismehl bestehen. Selbst wenn Vollkornreis verwendet wird, enthält dieses sehr helle Mehl nur wenige Ballaststoffe und komplexe Kohlenhydrate. Das ist ähnlich wie bei herkömmlichem Weißbrot, weshalb Ernährungsexperten generell zu Broten aus Vollkornmehl raten.
In süßen glutenfreien Backwaren kann zum Teil noch mehr Haushaltszucker verarbeitet worden sein als in herkömmlichen. Damit wird versucht, den Geschmack und die Konsistenz anzugleichen. Einfachzucker führen aber wie gesagt zu einem rascheren Blutzuckeranstieg und haben damit auch einen steileren Insulinanstieg zur Folge. Insulin wird von unserer Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet, um den Blutzucker in die Zellen zu transportieren, wo er als Energie genutzt werden kann. Wenn der Blutzucker jedoch so schnell ansteigt, fällt er danach auch genauso schnell wieder ab. Das führt dazu, dass du dich schnell wieder hungrig fühlst und oft Heißhunger auf Süßes bekommst.
In diesen Themenbereich greift noch ein weiterer Aspekt hinein: Hochverarbeitete Lebensmittel können in vielen Fällen zu einem stärkeren Insulinanstieg führen, wenn sie mehr freie Zucker enthalten. Gleichzeitig produziert der Körper daraus weniger Wärme, das heißt er „verbrennt“ weniger Kalorien. Das fördert damit zusätzlich die Gewichtszunahme.
Man hört oft, dass glutenfreie Ernährung manchmal zu einer starken Gewichtszunahme führen kann. Trotzdem sind Menschen mit Zöliakie in vielen Situationen auf fertige Produkte angewiesen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass du auf deine Ernährung achtest und dir überlegst, was du isst. Nicht nur, wie stark etwas verarbeitet ist, spielt eine Rolle, sondern vor allem, was in den Lebensmitteln steckt. Eine ausgewogene, abwechslungsreiche und bunte Ernährung ist auch bei Glutenunverträglichkeit das Wichtigste, um dich und deinen Körper gut zu versorgen. Kinder und Jugendliche sollten durch Spaß und Freude am Kochen und Zubereiten frischer Lebensmittel an eine gesunde Ernährung herangeführt werden.
Du siehst also: Auch bei den Makronährstoffen – Kohlenhydraten, Eiweiß und Fetten – gibt es bei einer glutenfreien Ernährung einiges zu beachten. Es lohnt sich, deine Ernährung in diesem Bereich noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und gezielt darauf zu achten. Eine Ernährungsberatung kann dir zusätzlich helfen, ein ausgewogenes Verhältnis zu finden.
Ernährung ist ein sehr komplexes Thema, daher möchte ich dir hier die wichtigsten Punkte nochmal zusammenfassen und ein paar praktische Tipps geben:
Kurz zusammengefasst
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Die Eiweißversorgung ist auch in der glutenfreien Ernährung bei den allermeisten Personen ausreichend gesichert. Hochwertige Eiweiße findest du in Hülsenfrüchten wie Linsen, Erbsen und Soja, in (Pseudo-)Getreiden wie Hirse, Amaranth, Quinoa und Buchweizen und in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Milchprodukten und Eiern.
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Dein Körper benötigt täglich eine gewisse Menge an gesunden, ungesättigten Fettsäuren. Diese findest du in hochwertigen kaltgepressten Ölen wie Oliven- oder Leinöl, in naturbelassenen Nüssen oder fettem Fisch. Auch die Pseudocerealien Quinoa, Chiasamen und Amaranth oder Saaten wie Leinsamen, Sonnenblumen- und Kürbiskerne enthalten viele dieser essentiellen Fette und versorgen dich damit mit hochwertigen Inhaltsstoffen. Wertvolle Saaten können bereits im täglichen Brot auch hier zu einer guten Versorgung beitragen.
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Bei den Kohlenhydraten solltest du darauf achten, dass du weniger einfache Zucker zu dir nimmst und eher Brote und andere Produkte mit komplexeren vollwertigen Mehlen aussuchst. Diese lassen den Blutzucker langsamer ansteigen und machen länger satt.
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Schon bei der Auswahl deiner glutenfreien Brote und Backwaren kannst du darauf achten, dass sie bereits reich an natürlich vorkommendem Eiweiß, gesunden Fetten und komplexen Kohlenhydraten sind.
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Eine Unterstützung durch eine erfahrene Ernährungsfachkraft hilft dir dabei, geeignete Lebensmittel und Fertigprodukte auszuwählen, um dich bestmöglich zu versorgen.
