Eisenmangel ist eines der häufigsten Zeichen einer Zöliakie– mit großer Wahrscheinlichkeit hattest du ebenfalls einen Mangel, als die Zöliakie bei dir festgestellt wurde. Daher gibt es viele Fragen zu diesem Thema, vor allem wie der Mangel am besten behoben werden kann und warum es Betroffene gibt, bei denen der Mangel immer wieder auftritt. Diesen Themen bin ich nachgegangen und habe dir nachfolgend die wichtigsten Informationen zusammengestellt.
Wofür braucht unser Körper Eisen?
Eisen ist vor allem dafür wichtig, dass unser Blut Sauerstoff transportieren kann. Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin nimmt den Sauerstoff in der Lunge auf, bindet ihn und bringt in mit Hilfe der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) zu unseren Körperzellen. Aber auch zahlreiche andere Prozesse wie auch das Immunsystem benötigen Eisen, um richtig zu funktionieren.
Jeden Tag werden neue rote Blutkörperchen gebildet und unser Körper benötigt dafür 20-30 mg Eisen täglich. Es werden vom Körper jedoch nur etwa 1-2 mg mit der Nahrung aus dem Darm aufgenommen. Das liegt daran, dass zu viel Eisen nicht nützlich ist, sondern sogar schädlich sein kann. Der Körper schützt sich vor einer übermäßigen Aufnahme, denn er kann ein „zu viel“ an Eisen nicht aktiv ausscheiden.
Wir können aber das Eisen, das beim Abbau von alten Erythrozyten anfällt, gut wiederverwerten und benötigen damit in den meisten Fällen tatsächlich nur diese geringe Menge, die der Darm über die Nahrung aufnimmt.
Wie kommt es nun zum Mangel?
Geht dauerhaft mehr Eisen verloren als aufgenommen wird, entleeren sich mit der Zeit zunächst die Speicher, die wir vor allem in der Leber besitzen. Sind die Speicher leer, wirkt sich der Mangel auch auf die Blutbildung aus: es werden weniger und kleinere rote Blutkörperchen gebildet. Es kommt damit zur Blutarmut (Anämie). Da Frauen durch die Regelblutung immer wieder Blut und damit Eisen verlieren, liegt der Hämoglobinwert bei ihnen niedriger als bei Männern.
Wie entsteht der Mangel bei Zöliakie?
Je nach Studie haben 12 - 85% der Zöliakie-Betroffenen einen Eisenmangel, etwa die Hälfte der Betroffenen mit einer Blutarmut. Der Eisenmangel kann auch das einzige Zeichen der Zöliakie sein. Daher sollte immer daran gedacht werden, wenn es keine andere gute Ursache dafür gibt. Bei mehr als 10% der Menschen mit Eisenmangel, die nicht auf eine zusätzliche Gabe von Eisenpräparaten reagieren, steckt eine Zöliakie dahinter. Eisen wird vor allem im Zwölffingerdarm aufgenommen – also genau dort, wo die meiste Entzündung und Schleimhautbeeinträchtigung bei Zöliakie besteht. Die abgeflachte Schleimhaut bietet eine deutlich geringere Oberfläche zur Aufnahme von Nährstoffen. Zöliakie-Betroffene mit einer Eisenmangelanämie haben in vielen Fällen höhere Zöliakie-Antikörperwerte, eine stärkere Abflachung der Zotten und auch ein niedrigeres Körpergewicht sowie eine schlechtere Knochendichte. Das alles weist auf einen tendenziell schwereren Krankheitsverlauf hin.
Die Blutarmut kann sich noch zusätzlich verstärken, wenn auch Folsäure und Vitamin B12 zu wenig aufgenommen werden. Denn beide Vitamine sind ebenfalls für die Blutbildung notwendig. Die Folsäure wird wie Eisen im oberen Dünndarm aufgenommen und 20 - 30% haben bei Diagnosestellung ein Defizit. Vitamin B12 wird zwar erst am Ende des langen Dünndarms aufgenommen, aber auch 8 - 40% der Zöliakie-Patienten zeigen hier einen Mangel.
Ein dritter Grund ist die chronische Entzündung, die im Körper bei Zöliakie besteht. Diese wirkt sich nicht nur am Darm aus, sondern die Entzündungsbotenstoffe können im gesamten Körper zu Veränderungen von Stoffwechselprozessen führen. In Bezug auf den Eisenstoffwechsel verhindern sie die Freisetzung von gespeichertem Eisen aus der Darmschleimhaut und den Leberzellen. Und sie verringern die Aufnahme von Eisen aus der Nahrung.
Wie merkst du, dass du einen Eisenmangel hast?
Typischerweise macht sich dieses Eisendefizit durch Kopfschmerzen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Erschöpfungszustände bemerkbar. Bei Kindern kann es zu Entwicklungsverzögerungen kommen, sowohl in der Psychomotorik als auch mental. Haarausfall, brüchige Fingernägel, Einreißen der Mundwinkel und Infektanfälligkeit sowie Zungenbrennen sind weitere mögliche Auswirkungen. Bei einer sehr ausgeprägten Blutarmut kann es zu einem beschleunigten Herzschlag oder gar zur Atemnot kommen, da zu wenig Sauerstoff im Blut transportiert werden kann. Viele spüren den Eisenmangel schon deutlich, bevor eine Blutarmut eintritt. Denn der Gehalt an Eisen in der einzelnen Zelle sinkt schon vorher und verursacht damit bereits Symptome.
Wie wird ein Eisenmangel festgestellt?
Das ist eine wichtige Frage, denn oftmals wird leider nicht der richtige Test durchgeführt. Bei vielen wird das freie Eisen im Blut untersucht. Dieses ist aber wenig aussagekräftig, da es sich über den Tag und durch andere äußere Faktoren ständig verändert. Bei nicht wenigen Betroffenen fällt der Mangel durch die beginnende Blutarmut auf: Die roten Blutkörperchen sind zu klein (MCV-Wert unter 80fl) und der Hämoglobinwert (Hb-Wert) ist zu niedrig. Um den Eisenmangel schon früher nachzuweisen, ist der Ferritinwert ein guter Parameter. Ist er zu niedrig, spricht das für einen Eisenmangel. Laut WHO ist das bei einem Wert unter 15 mg/l gegeben. Andere gehen bereits ab einem Wert unter 30mg/l von einem Defizit aus. Ist der Ferritinwert in der Norm oder gar erhöht, schließt es einen Mangel nicht aus. Liegt nämlich eine chronische Entzündung oder schwere Infektion vor, steigt das Ferritin dadurch auch an. Daher sollte immer auch gleichzeitig der Entzündungswert CRP untersucht werden. Ist dieser erhöht, müssten andere Tests für den Eisenstoffwechsel herangezogen werden. Die Zöliakie löst im Übrigen üblicherweise keine erhöhten CRP-Werte aus, obwohl eine chronische Entzündung vorliegt.
Eine andere, allerdings auch teurere Möglichkeit ist die Untersuchung des löslichen Transferrin-Rezeptors (sTfR). Dieser Wert ist unabhängig von Entzündungen und kann daher sehr sicher einen Mangel erfassen.
Wie kannst du deinen Eisenmangel beheben?
Ernährung mit Eisen-reichen Lebensmitteln
Als erstes fällt einem sicherlich ein, dass man mehr Lebensmittel mit einem höheren Eisengehalt in die Ernährung einbauen könnte. Das ist grundsätzlich eine sehr gute Idee, auch dauerhaft, um dem Körper genug Eisen zu Verfügung zu stellen. Es ist auch die natürlichste Art, so dass der Körper selbst entscheiden kann, wieviel er aufnehmen möchte. Der Ausgleich eines Eisenmangels dauert aber dadurch recht lange, da die Eisenaufnahme wie schon erwähnt sehr begrenzt ist. In dieser Zeit würden sich dann die Symptome auch nicht so schnell verbessern.
Nahrungsergänzungsmittel
Um den Eisenspeicher schneller zu füllen, werden oft Nahrungsergänzungsmittel oder ärztlich verordnete Medikamente eingesetzt. Es ist tatsächlich sinnvoll, damit etwa 3 Monate nach einer Umstellung auf die glutenfreie Ernährung zu warten, da die entzündete Schleimhaut das Eisen gar nicht aufnimmt. Und die Abflachung der Schleimhaut spielt so lange eine Rolle, wie sie besteht. Eisenpräparate, die als Tabletten oder Saft aufgenommen werden, können bei manchen Menschen auch Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Verstopfung oder Appetitlosigkeit verursachen. Das heißt, hier besteht eine große Schnittmenge mit den Beschwerden der Zöliakie. So kann man nur schlecht unterscheiden, was die Symptome nun auslöst bzw. ob sich die Beschwerden der Zöliakie mit glutenfreier Ernährung bessern. Durch die Auswahl des Präparates kann man das aber auch beeinflussen: So haben Präparate mit Eisenglukonat weniger Nebenwirkungen als solche mit Eisensulfat. Neuere Formulierungen wie so genanntes sucrosomiales Eisen werden ebenfalls besser vertragen. Hier ist das Eisen besonders gut „verpackt“ und verursacht damit im Darm weniger Beschwerden.
Eiseninfusionen
Eine dritte Alternative sind Infusionen mit Eisen. Das wird besonders dann eingesetzt, wenn eine schwere Anämie besteht, die schnell behoben werden muss. Mit der Infusion gelangt das Eisen am Darm vorbei direkt in den Körper und kann verwertet werden. Heutige Infusionspräparate werden deutlich besser vertragen als frühere. Da sie früher oft starke Nebenwirkungen hatten, werden Eiseninfusionen immer noch eher ungern verabreicht. Dennoch gibt es Situationen, in denen es die beste Möglichkeit darstellt.
Woran kann es liegen, wenn ein Eisenmangel immer wieder auftritt?
Der Eisenmangel erholt sich zwar bei vielen Betroffenen gut durch die Therapie und die glutenfreie Ernährung. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen sieht man nach einem Jahr allerdings immer noch eine Anämie. Das kann etliche Gründe haben:
- Die Schleimhaut hat sich noch nicht ausreichend erholt, wie es bei Erwachsenen häufig vorkommt. Das beeinträchtigt die Eisenaufnahme aus dem Darm. Man sollte die glutenfreie Ernährung prüfen, ob doch noch versteckte Quellen an Gluten vorhanden sind. Eine Ernährungsfachkraft kann helfen festzustellen, ob genug Eisen in der Ernährung enthalten ist und ob dieses auch gut aufgenommen werden kann. Denn Tee, Kaffee, Calcium und manche Ballaststoffe verschlechtern die Aufnahme von Eisen. Und pflanzliches (3-wertiges) Eisen wird schlechter aufgenommen als tierisches (2-wertiges) Eisen. Hier kann ein Glas Orangensaft (oder eine andere Vitamin C-Quelle) oder auch Fleisch zur Mahlzeit helfen, dass auch das pflanzliche Eisen besser aufgenommen wird.
- Solange eine Entzündung in der Schleimhaut oder überhaupt im Körper vorliegt, wird weniger Eisen aus dem Darm aufgenommen und die Freisetzung aus den Speichern ist ebenfalls vermindert.
- Bei anhaltender oder immer wiederkehrender Anämie sollte untersucht werden, ob es versteckte Blutverluste im Körper gibt, zum Beispiel im Bauch, in den Harnwegen oder bei Frauen durch gynäkologische Ursachen.
- Woran oft weniger gedacht wird, sind kleinste Veränderungen an der Oberfläche der Darmschleimhautzellen (Epithelzellen). Dort trägt jede einzelne Zelle den so genannten Bürstensaum, über die die Aufnahmefläche nochmals vergrößert wird. Diese Veränderungen im ultrastrukturellen und molekularen Bereich sieht man – wenn überhaupt – nur mit dem Elektronenmikroskop. Das steht aber letztlich nur der Forschung zur Verfügung und ist keine Routineuntersuchung.
- Auch genetische Faktoren können sich auf Eiweiße im Eisenstoffwechsel so auswirken, dass die Eisenresorption schlechter funktioniert. Das wäre dann auch unabhängig von der Zöliakie zu sehen.
Der Eisenstoffwechsel in unserem Körper ist ein sehr komplexer Vorgang, daher möchte ich dir die wichtigsten Aspekte gerade auch in Bezug auf die Zöliakie nochmal zusammenstellen:
Kurz zusammengefasst
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Eisen ist ein Mineralstoff, der an vielen Stoffwechselprozessen im Körper beteiligt ist. Die wichtigste Funktion ist der Sauerstofftransport im roten Blutfarbstoff (=Hämoglobin) von der Lunge zu den Zellen.
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Unser Körper nimmt täglich nur eine geringe Menge an Eisen auf, da Eisen in zu großer Menge für uns schädlich ist.
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Ein Mangel entsteht, wenn weniger Eisen aufgenommen wird als verloren geht. Das führt zu verschiedenen Symptomen und kann eine Blutarmut (=Anämie) verursachen.
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Viele Zöliakie-Betroffene haben einen Eisenmangel, auch oft mit Anämie. Denn die entzündete und abgeflachte Schleimhaut kann deutlich weniger Eisen aufnehmen.
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Der Ferritinwert ist der wichtigste Parameter, um einen Eisenmangel zu erkennen. Das freie Eisen im Blut hat dagegen keine gute Aussagekraft und sollte daher nicht untersucht werden.
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Eine Eisen-reiche Ernährung, geeignete Eisenpräparate oder gar Infusionen sind Maßnahmen, die je nach Schweregrad des Mangels eingesetzt werden können.
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Einige Betroffene haben immer wieder Bedarf an einer Ergänzung mit Eisenpräparaten. Dafür gibt es verschiedenste Ursachen, die nicht alle von der Zöliakie ausgelöst werden.
