Mehr Wissen – weniger Angst!
Wissen über deine Erkrankung und dein psychisches Befinden hängen ganz eng zusammen. Daher will ich diese beiden Themen gemeinsam besprechen, da das eine ins andere greift.

3. und 4. Schritt
Wissen und Psyche
Die beste Versorgung kann auf Dauer nur wenig erfolgreich sein, wenn du dich dabei nicht auch psychisch wohlfühlst. Je besser du deine Zöliakie verstehst, umso positiver wird sich das auf deine Lebensqualität auswirken.
Die Zöliakie-Diagnose hat oft eine drastische Änderung des Verhaltens für die Betroffenen zur Folge. Das hast du vielleicht auch bei dir beobachtet: Du bringst dein eigenes Essen mit, wenn du eingeladen wirst, du gehst vielleicht seltener oder gar nicht mehr essen und die Lust zu verreisen hat auch deutlich nachgelassen.
Viele entwickeln große Bedenken, ob in ihre Mahlzeiten versehentlich Gluten hineingekommen ist. Sie fühlen sich oft isoliert, weil sie sich mit ihren Bedürfnissen abgrenzen müssen und diese eventuell auch nicht immer äußern möchten. Das kann sich so weit steigern, dass die Gedanken den ganzen Tag ums Essen kreisen. Nach der Mahlzeit ist vor der Mahlzeit! Denn kaum ist man satt, steht schon wieder die Frage im Raum: Was esse ich als nächstes? Wo bekomme ich es? Und - Ist es sicher für mich?
Wenn ich mich mit Zöliakie-Betroffenen unterhalte, was für sie am schwersten ist, kommt meist die Antwort: Zuhause läuft die Diät gut. Das hat sich alles eingespielt. Aber sobald ich mein Zuhause verlasse, wird es schwierig.
Und das sagen auch die Studien zu dem Thema, wo die meisten Probleme für Euch sind:
Das Lesen der Zutatenliste ist oft schwierig, weil alles sehr klein geschrieben ist und weil das richtige Erkennen von möglichen Glutenspuren nicht ganz einfach ist. Daher werde ich Dir das in Kürze genau erklären.
Man muss sich immer erklären und andere eventuell korrigieren, wenn sie sich die glutenfreie Ernährung falsch vorstellen.
Es besteht immer eine gewisse Unsicherheit, ob der Koch oder die Köchin alles „richtig“ macht.
In der Kantine glutenfreies Essen zu bekommen oder an bestimmten Aktivitäten teilzunehmen, kann eine Hürde darstellen.
An anderen Orten oder gar in einer anderen Sprache sichere Produkte zu finden, ist eine Herausforderung.
Wie gehen Betroffene mit diesem Zwiespalt zwischen Sorgfalt und Diätfehler um?
Manche Patienten entscheiden sich dafür, bewusst Fehler zu machen, wenn es ihnen zu unangenehm ist, sich und ihre andere Ernährung immer wieder erklären zu müssen. Das ist natürlich für den Darm und den gesamten Körper nicht wünschenswert, da so die Krankheit nicht zur Ruhe kommen kann und Symptome bleiben können. Das wird dann aber in Kauf genommen, um sich das Erklären zu ersparen.
Zugegeben – der Grat, auf dem man sich zwischen Unbesorgtheit und übertriebener Sorgfalt bewegt, ist sehr schmal. Denn man muss tatsächlich immer auf mögliche Diätfehler und Kontaminationen achten. Andererseits soll man sich eben auch ganz normal in sozialen Situationen bewegen, die oft auch Essen beinhalten.
Die Abwärtsspirale kann dann so aussehen:

Das klingt nun alles ziemlich düster und du fragst dich nun, wie du das für dich verhindern oder du da herausfinden kannst?
Die (relativ) einfache Antwort ist: Wissen!
Je mehr du weißt, wie du dich sicher glutenfrei ernähren kannst, wie du dein Essen außerhalb deiner eigenen vier Wände managen kannst und welche Folgen und Auswirkungen Diätfehler für deinen Körper haben, umso sicherer wirst du dir in deinem ganzen Umgang mit der Erkrankung.
Um mich jetzt nicht zu sehr zu wiederholen, möchte ich dir hier die Punkte aus dem ersten Teil zur glutenfreien Ernährung nochmal ans Herz legen – vor allem wenn du beim ersten Lesen gedacht hast – „Ach, das weiß ich ja jetzt schon alles.“
Eine regelmäßige gute Ernährungsberatung lohnt sich auf jeden Fall, um eine gute Ernährung sicherzustellen. Das gilt insbesondere dann, wenn zusätzlich zur glutenfreien Diät auch noch weitere Unverträglichkeiten oder Allergien hinzukommen, so dass du noch mehr Lebensmittel meiden musst. Oder du das Gefühl hast, bestimmte Produkte nicht mehr zu vertragen und dich immer mehr einschränkst. Damit dann deine Ernährung immer noch ausgewogen und gesund für dich ist (und auch noch gut schmeckt), dabei kann dir ein Ernährungsprofi helfen. Denn zusammen und unter Anleitung fällt es dann auch leichter, den Zeitpunkt zu finden, an dem du wieder Lebensmittel wie z.B. Milchprodukte in deine Ernährung einbaust, um nicht dauerhaft zu viele Einschränkungen zu haben. Denn manche sind auch gar nicht notwendig, wie du mit einer Fachberatung vielleicht feststellen kannst.
Personen, die in einer Selbsthilfeorganisation Mitglied sind, haben oftmals ein größeres Wissen und können dadurch ihre Ernährung besser einhalten. Daher solltest du die Mitgliedschaft in Betracht ziehen und dich informieren, ob dir das Angebot gefällt.
Aber auch das Internet kann hilfreich sein, denn auch hier gibt es gute Seiten, die dir viel Wissen vermitteln. So wie unser Blog hier, der dir regelmäßig neue Informationen und Tipps für deinen glutenfreien Alltag gibt.
Damit kannst du den Negativ-Kreislauf durchbrechen und findest mehr Sicherheit im Alltag.

Wenn du dich mit anderen Betroffenen unterhältst, wirst du immer hören, dass du dich am besten selbst mit deiner Erkrankung auskennen musst. Denn das Wissen über die Zöliakie ist vor allem im Erwachsenenbereich bei Ärzten nicht immer ausreichend vorhanden, so dass dir immer alle Fragen beantwortet werden könnten. Auch Vorschläge zu weiteren Untersuchungen oder Verlaufskontrollen müssen oft von den Betroffenen selbst angestoßen werden. Darin unterscheidet sich die Zöliakie sehr von anderen Krankheiten, bei denen vorwiegend der Arzt die Entscheidungen über Therapie und weitere Untersuchungen usw. in den Händen hat.
Wenn der Kreislauf durchbrochen wird, dann kann das so aussehen:

Daraus ergibt sich aber interessanterweise, dass viele Zöliakiepatienten ihre Erkrankung gut managen können und sich auch so erleben. Und das ist der wichtigste Punkt daran – dass du selbst von dir überzeugt bist, dass du für dich einstehen und handeln kannst. Das nennt man auch Selbstwirksamkeit.

Und hier schließt sich der Kreis zwischen Wissen und deinem psychischen Befinden: Je stärker du dich fühlst, mit je mehr Wissen du ausgestattet bist, umso sicherer bist du im Umgang mit der Erkrankung und der Ernährung und kannst die richtigen Entscheidungen für dich treffen! Das hat massiven Einfluss auf dein Leben, vor allem in den schwierigen Situationen, die ich vorhin aufgezählt habe. Denn wenn du dir sicher bist, dass du eine Situation meistern kannst, dann siehst du die Situation mit anderen Augen: es ist eine Herausforderung, aber keine unüberwindbare Mauer, keine erdrückende Bedrohung für dein Leben. Und das kann in ganz kleinen Dingen anfangen: Dass du dich im Supermarkt sicher fühlst, die richtigen Produkte auszuwählen. Dass du mal ins Restaurant gehst und Essen bestellst und dich hinterher gut fühlst – im Bauch und im Kopf. Die Freude daran, dass du Situationen meisterst, bestärkt dich, auf diesem Weg weiterzugehen. Fehler können passieren, aber diese kann man mit einer positiven Einstellung zum Anlass nehmen, um daraus zu lernen. Und sie nicht als erneuten Rückschlag sehen, dass du den Weg nie bewältigen könntest.
Kurz zusammengefasst
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Je besser du dich mit der Zöliakie, ihren Auswirkungen auf deinen Körper und der glutenfreien Ernährung auskennst, umso leichter fällt dir dein Alltag.
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Es stärkt dein Selbstbewusstsein, wenn du Alltagssituationen gut gemeistert hast und erkennst, dass du selbst Verantwortung für dich übernehmen kannst.
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Das gibt dir neue Freiheiten für dein Leben und erweitert Deinen Bewegungsradius.