„Sie haben Zöliakie.“
Diese wenigen Worte bringen das Leben der Betroffenen zunächst ziemlich durcheinander. Denn die Diagnose dieser Autoimmunerkrankung ist für die meisten erst einmal völliges Neuland. Die Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der es durch den Verzehr von Gluten, dem Klebereiweiß in z. B. Weizen, Dinkel und Roggen, zu einer Entzündung der Dünndarmschleimhaut kommt.
Das bedeutet jedoch nicht, dass für alle sofort die Welt zusammenbricht, wenn die Diagnose gestellt wird. Im Gegenteil: die Diagnose Zöliakie ist für viele auch eine große Erleichterung. Denn endlich gibt es eine Erklärung für viele Symptome und Beschwerden, die den Betroffenen das Leben schwergemacht haben. Und zumeist viele Arztbesuche zur Folge hatten, bei denen keine Ursache gefunden wurde. Mit einer sicheren Diagnose eröffnet sich endlich die Möglichkeit der Behandlung und damit die Aussicht auf ein Nachlassen der Beschwerden.
Gleichzeitig kann die Diagnose ein großer Schock sein, wenn einem bewusst wird, was an der notwendigen Ernährungsumstellung alles hängt. Denn von nun an heißt es: „Ist das glutenfrei?“ Es geht um Änderung von Gewohnheiten, vielleicht sogar beim Lieblingsessen und im ersten Moment auch Änderung der Normalität, wie man sie bisher gekannt hat. Dazu kommt, dass von den meisten nicht-Betroffenen deutlich unterschätzt wird, welche Auswirkungen das Ganze auf das weitere Leben der Patienten hat und welche Herausforderungen es zu stemmen gilt. Leider gibt es bisher nicht einfach eine Tablette, die man morgens oder zur jeweiligen Mahlzeit schluckt und alles ist wie früher.
Daher ist es so wichtig, dass du alle dir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in Anspruch nimmst, um dich zu informieren und damit die Unterstützung zu bekommen, die du brauchst, um in deinem neuen glutenfreien Leben Fuß zu fassen. Diese Möglichkeiten muss man natürlich erst mal kennen – und deshalb möchte ich sie dir im Folgenden erläutern. Damit es übersichtlicher wird, habe ich alles in 4 Bereiche unterteilt.

1. Schritt
Glutenfreie Ernährung
Der erste und wichtigste Schritt zur Behandlung der Zöliakie ist die glutenfreie Ernährung. Denn der Verzicht auf Gluten ist derzeit die einzige bekannte Behandlung der Zöliakie. Vielleicht erscheint es dir zunächst aufwändig, glutenfrei zu leben. Dennoch ist der Verzicht auf Gluten eine Therapie, die sogar direkt an der Ursache der Krankheit ansetzt. Das ist bei keiner anderen Autoimmunerkrankung bislang möglich.
Um die glutenfreie Ernährung tatsächlich gut umsetzen zu können, muss man zuerst einmal lernen, welche Lebensmittel
Neben den heutzutage üblichen Informationskanälen im Internet solltest du dir auf jeden Fall eine professionelle Ernährungsberatung suchen, die sich tatsächlich mit Zöliakie auskennt.
Und wie finde ich die – fragst du?
Hier stellt das Internet eine große Bereicherung dar. Die meisten Verbände der Ernährungsfachkräfte haben auf ihrer Homepage eine Suchfunktion, über die man Experten für bestimmte Themen suchen kann. Damit fällt es leichter, jemanden zu finden, der dir wirklich weiterhilft. Auch wenn bei dir die Diagnose schon etwas länger steht und du noch bei keiner Beratung warst, solltest du das nachholen. Denn die glutenfreie Ernährung ist sehr viel komplexer, als man das am Anfang erkennt.
Manche Krankenkassen haben ihre eigenen Ernährungsfachkräfte, die dann auch von der Kasse empfohlen werden. Nun sind andere Themen in der Ernährungsberatung noch deutlich häufiger gefordert, so dass sich nicht jede Fachkraft mit Zöliakie und glutenfreier Ernährung auseinandergesetzt haben kann. Um aber gleich richtige und notwendige Informationen zu bekommen, solltest du eine Ernährungsberatung mit Spezialisierung im Bereich Zöliakie suchen.
Ob die Ernährungsfachkraft der oder die richtige für dich ist, kannst du nur selbst entscheiden. Dann das hängt vor allem davon ab, ob man das Gegenüber sympathisch findet und welche Erwartungen und Wünsche man an die Beratung hat. Das kann sich also auch im Laufe der Zeit ändern, wenn sich die Bedürfnisse verschoben haben.
HIer findest Du direkt die Experten
Wenn du eine spezialisierte Ernährungsfachkraft in deiner Umgebung gefunden hast, kann dir dein Hausarzt für einen Zuschuss zur Ernährungsberatung eine Notwenigkeitsbescheinigung ausstellen. Da eine persönliche Beratung deutlich mehr auf deine individuellen Bedürfnisse und Fragen eingehen kann, solltest du das parallel zu anderen Informationsquellen auch nutzen.
Wie bekomme ich von der Krankenkasse einen Zuschuss für die Ernährungsberatung?
Eine Ernährungsberatung ist eine Kann-Leistung der Krankenkassen. Damit du die Kosten aber nicht allein tragen musst, sollte dein Arzt dir eine so genannte Notwendigkeitsbescheinigung ausstellen. Vor der ersten Beratung fragst du mit der Bescheinigung bei deiner Krankenkasse an, welche Zuschüsse du erhältst, denn diese können je nach Krankenkasse unterschiedlich sein. Mit der Kopie der Bescheinigung gehst du zur Beratung. Wenn diese abgeschlossen ist und du die Rechnung beglichen hast, reichst du diese bei deiner Krankenkasse ein und bekommst den Zuschuss erstattet.
HIer findest Du das Formular für die Notwendigkeitsbescheinigung
Gut zu wissen: Die Bescheinigung belastet im Übrigen nicht das Heilmittelbudget Deines Arztes!
Warum ist es so sinnvoll, eine professionelle Ernährungsfachkraft aufzusuchen?
Grundsätzlich findet man heutzutage überall im Internet und auf Social Media Informationen – und noch dazu kostenlos.
Es ist die individuelle Beratung, die hier den maßgeblichen Unterschied macht. Eine Ernährungsfachkraft, die sich gut mit Zöliakie auskennt, hilft dir nicht nur zu unterscheiden, welche Lebensmittel glutenhaltig sind oder sein könnten (Gluten steckt tatsächlich oft völlig unerwartet in Lebensmitteln!) und welche von sich aus glutenfrei sind. Sie macht es zugeschnitten auf dich und deine ganz persönlichen Bedürfnisse! Bei der Ernährungsumstellung geht es zwar in erster Linie darum, Gluten zu meiden und Glutenhaltiges durch glutenfreie Alternativen zu ersetzen. Du solltest dabei aber unbedingt darauf achten, dass deine nun glutenfreie Ernährung alle Mineralstoffe und Vitamine und sonstige Nahrungsbestandteile enthält, die du vielleicht sogar über den Normal-Bedarf hinaus benötigst. Denn möglicherweise hast du einen höheren Bedarf an Nährstoffen, weil durch die Entzündungsreaktion im Dünndarm die Nährstoffaufnahme beeinträchtigt war oder noch immer ist. Eine erfahrene Ernährungsberatung kann genau auf deine Bedürfnisse eingehen und das qualifiziert erläutern. Außerdem bestehen oftmals noch weitere Unverträglichkeiten, Allergien oder andere Erkrankungen, die dann auch mit einbezogen werden können.
Wichtige Nährstoffe liefern z.B. diese Schnitzer Produkte
Welche anderen Optionen gibt es noch?
Eine zusätzliche Möglichkeit, sich zur glutenfreien Ernährung zu informieren, ist die Mitgliedschaft in der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft (DZG), der Selbsthilfeorganisation für Zöliakie-Betroffene. Hier findest du das gebündelte Wissen in Bezug auf Zöliakie und glutenfreie Ernährung. Als Mitglied kannst du auf alles zugreifen: Ernährungsfachkräfte und geschulte ehrenamtliche Kontaktpersonen helfen dir, Fragen zur glutenfreien Ernährung zu klären und diese gut in deinem Alltag umzusetzen. Regionale Gruppen für verschiedene Altersbereiche treffen sich regelmäßig zum Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung. Die DZG stellt jährlich ein breit gefächertes Sortiment an Informationen zu allen Bereichen des Alltags zusammen. Eine Vielzahl an Veranstaltungen ergänzen das Angebot.
Im Internet und bei Social Media findest du viele kostenlose Informationen. Es ist heute selbstverständlich, dass man sich bei diesen Quellen umschaut. Doch Qualität und Sicherheit dieser Informationen ist nicht immer gut zu beurteilen. Am Anfang können sich widersprechende Aussagen zu viel Unsicherheit und Unruhe führen. Ähnlich ist es, wenn man im Umfeld auf Personen hört, die sich auch glutenfrei ernähren. Das kann wie bei der „Stillen Post“ zu falscher Interpretation von Zusammenhängen führen.
Informationsquellen
In dieser Tabelle möchte ich die Vor- und Nachteile der verschiedenen Informationsquellen verdeutlichen. Dann kannst du selbst abwägen, was dir zu welchem Zeitpunkt und bei welcher Frage weiterhelfen kann.

Eine Tablette wäre mir lieber…
Die glutenfreie Ernährung ist wie schon gesagt die einzige bekannte Therapiemöglichkeit für die Zöliakie. Da das einiges an Umstellung im Alltag bedeutet, liegt der Gedanke nahe, dass es leichter wäre, eine Tablette einzunehmen. Davon abgesehen, dass daran zwar geforscht wird, ist derzeit aber noch kein Medikament tatsächlich verfügbar oder demnächst im Handel zu erwarten. Man muss sich aber immer vor Augen führen, dass Medikamente auch Nebenwirkungen haben. Und es muss in der Wirkung vergleichbar sicher mit der glutenfreien Kost sein. Das sind große Ziele, die von einem Medikament erwartet werden.

Also doch besser einfach anders essen …?
Auch gesunde Menschen machen sich heute viele Gedanken dazu, wie sie besser und gesünder essen können. Das zeigt, wie auch der Trend zu vegan oder vegetarisch, dass Ernährung für eine große Gruppe an Personen sehr zentral geworden ist. Und so kannst du die Umstellung auf eine glutenfreie Kost auch als Chance sehen, deine Ernährung grundlegend umzustellen und dich bewusster zu ernähren. Wenn man sich die Bandbreite der unverarbeiteten Lebensmittel ansieht, zeigt sich, dass die glutenhaltigen Getreide nur einen kleineren Bereich einnehmen. Viele Lebensmittelgruppen sind von Natur aus glutenfrei und können bedenkenlos verzehrt werden.
Bei verarbeiteten Lebensmitteln ist es schwieriger zu sagen, was glutenfrei ist. Frisch zu kochen, ist daher eine gute Möglichkeit, sich sicher glutenfrei zu ernähren. Und Du tust Deinem Körper damit weit über glutenfrei hinaus etwas Gutes.
Wo fange ich nun an?
Um mit der Umstellung des Haushalts auf glutenfrei zu beginnen, sollte man sich in Ruhe alle Vorräte anschauen und sortieren. Wenn du in einem gemischten Haushalt lebst, in dem sich manche Familienmitglieder glutenfrei und andere glutenhaltig ernähren, muss man besondere Sorgfalt walten lassen. Sicher glutenhaltige Produkte wie Mehl oder Nudeln solltest du eindeutig kennzeichnen, um Verwechslung zu vermeiden und möglichst getrennt voneinander lagern. Ein Schrank oder eine Schublade für glutenhaltiges und eine für glutenfreies, Boxen in verschiedenen Farben – das sind einfache Ideen, um die Lebensmittel neu zu organisieren. Wenn du die Gelegenheit hast, dich mit anderen Betroffenen auszutauschen – nimm sie wahr! Jemand, der das schon einige Zeit macht, kann dir gute Tipps geben, was funktioniert hat.
Nimm Dir Zeit!
Das Einkaufen im Supermarkt wird am Anfang deutlich länger dauern, bis du die Zutatenlisten gelesen hast. Nimm dir die Zeit, damit du ohne großen Druck sicher einkaufen kannst. Zum Lesen der Zutatenliste kommt demnächst noch eine kleine „Anleitung“, denn das ist nicht ganz einfach zu verstehen und wird oft falsch gemacht.
Kurz zusammengefasst
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Suche dir eine professionelle Ernährungsberatung zur Unterstützung.
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Dein Arzt kann dir dafür eine Notwendigkeitsbescheinigung ausstellen, so dass du die Kosten nicht allein tragen musst.
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Die Mitgliedschaft in der DZG bringt dir viele Informationen, die dir dein Leben leichter machen.
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Tausche dich mit Betroffenen aus - das motiviert und gibt nützliche Tipps.
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Nimm dir Zeit, um deine Vorräte neu zu organisieren und beim Einkaufen – sei dir sicher, das wird mit jedem Mal einfacher.