Die Zöliakie-Diagnostik setzt sich aus verschiedenen Untersuchungen zusammen. Zum einen werden bei einer Magenspiegelung Gewebeproben aus dem Dünndarm entnommen. Zum anderen werden Blutuntersuchungen zur Bestimmung der Zöliakie-spezifischen Antikörper gemacht. In diesem Beitrag erfährst du die Grundlagen, wie unser Immunsystem funktioniert und welche Antikörper es in der Zöliakie-Diagnostik gibt.
Was sind überhaupt Antikörper und welche Aufgabe haben sie?
Unser Immunsystem ist sehr vielschichtig, um den Körper auf verschiedene Weisen vor Angriffen von außen gegenüber Krankheitserregern und Fremdstoffen zu schützen. Das kann hier nur stark verkürzt dargestellt werden. Man kann grob sagen, dass es zwei Systeme gibt, die unterschiedlich schnell und unterschiedlich spezialisiert arbeiten. Auf der einen Seite findet man allgemeine (unspezifische) Immunreaktionen, die sehr rasch gegen den Eindringling reagieren können, wie z.B. durch die Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen. Diese stehen von Geburt an zur Verfügung. Es wird daher auch das angeborene Immunsystem genannt.
Auf der anderen Seite kann der Körper spezifische Abwehrstoffe bilden, die exakt gegen einen ganz bestimmten Erreger ausgerichtet sind. Das dauert etwas länger, ist dann aber sehr gezielt wirksam. Das ist das erlernte Immunsystem, das im Laufe des Lebens ständig dazu“lernt“ – immer, wenn es Kontakt zu einem neuen Erreger oder Fremdstoff hat. Deshalb sind Kinder gerade im Kindergartenalter so viel krank. Ihr Immunsystem hat noch nicht so viele Viren kennengelernt, sie sind aber im Kontakt mit den anderen ständig neuen Keimen ausgesetzt. Es ist ein wichtiger Prozess im Leben, damit das Immunsystem sich mit unterschiedlichen Infekten auseinandersetzt.

Welche Antikörper bildet unser Immunsystem denn?
Bei den Antikörpern kennt man verschiedene Antikörpergruppen. Diese unterscheidet man mit verschiedenen Buchstaben. Man bezeichnet sie als, IgM, IgG, IgA oder IgE. Die Abkürzung Ig steht für „Immunglobulin“, das ist der Fachbegriff für Antikörper. Die Gruppen haben unterschiedliche Aufgaben und Einsatzbereiche.

Wie ist das bei Zöliakie?
Auch bei der Zöliakie kommen beide Seiten deines Immunsystems zum Einsatz. Zum einen werden viele unspezifisch wirkende Entzündungsbotenstoffe ausgeschüttet, die die Entzündung in der Dünndarmschleimhaut auslösen und darüber die Schleimhautzellen schädigen. Zum anderen werden spezielle Antikörper gebildet. Sie stellen ein wichtiges diagnostisches Mittel dar, um eine Zöliakie feststellen und später die glutenfreie Ernährung kontrollieren zu können. Man unterscheidet bei den Zöliakie-Antikörpern solche der IgA- und der IgG-Klasse. Welche Auswirkungen sie tatsächlich im ganzen Krankheitsgeschehen haben, ist aber noch nicht komplett erforscht.
Welche Antikörper gibt es bei Zöliakie?
Historisch gesehen wurden zunächst in den 70-er Jahren die (nativen) Gliadin-Antikörper entdeckt. Sie richten sich gegen die Glutenbruchstücke, die bei der Verdauung im Darm entstehen und von der Schleimhaut aufgenommen werden. Da die Gliadinketten von den Verdauungsenzymen noch nicht weiter verändert wurden, spricht man hier von nativem (unverändertem) Gliadin. Diese Antikörpergruppe ist von ihrer Aussagekraft sehr eingeschränkt und wird daher heute nicht mehr genutzt, da es deutlich bessere Tests gibt.
Seit Mitte der 80-er Jahre kommt der Endomysium-Antikörper-Test (abgekürzt meist als EmA) zum Einsatz. Er hat die Zöliakie-Diagnostik stark verbessert und wird auch heutzutage immer noch auf Grund seiner hohen Aussagekraft verwendet. Das Testverfahren ist aber relativ aufwändig und es bedarf eines erfahrenen Labors, um ihn korrekt durchführen und bewerten zu können.
Seit Ende der 90-er Jahre hat sich der Gewebstransglutaminase-Antikörpertest durchgesetzt. Mit diesem Test weist man im Grunde dasselbe nach wie mit dem Endomysium-Antikörper, aber mit einem einfacher durchzuführenden Testverfahren. Der Transglutaminase-IgA-Antikörper (meist abgekürzt als TTG-IgA-Ak) ist der wichtigste Antikörperwert der Zöliakie-Diagnostik. Dieser Antikörper richtet sich gegen das Enzym Gewebstransglutaminase, das in der Dünndarmschleimhaut lokalisiert ist. Mit der Entdeckung, dass sich der Antikörper gegen dieses körpereigene Enzym richtet, gelang der Beweis, dass es sich bei der Zöliakie um eine Autoimmunkrankheit handelt.
Mit Beginn der 2000-er Jahre wurde ein weiterer Antikörpertest entwickelt. Dabei handelt es sich um die deamidierten Gliadinpeptid-Antikörper, oft abgekürzt als DGP-Gliadin-Antikörper. Hier richten sich die Antikörper gegen die Glutenbruchstücke, nachdem sie vom Enzym Gewebstransglutaminase chemisch verändert - nämlich deamidiert - wurden. Die Antikörper gegen diese veränderten Gliadinketten sind spezifischer für die Zöliakie als die Antikörper gegen das unveränderte Gliadin, aber von weniger Aussagekraft als die Transglutaminase-Antikörper. Sie spielen nur in bestimmten Situationen eine Rolle in der Diagnostik. Trotzdem werden sie von vielen Ärzten und Laboren oft routinemäßig bestimmt. Dies verursacht unnötige Kosten ohne zusätzlichen Nutzen.
Kurz zusammengefasst
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Unser Immunsystem hat verschiedene Möglichkeiten, um Krankheitserreger und andere Fremdstoffe abzuwehren.
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Dazu stehen ihm als schnelle Reaktion vor allem Entzündungsbotenstoffe zur Verfügung. Für die etwas langsamere, aber zielgerichtete Abwehr bilden die Immunzellen Antikörper.
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Antikörper gibt es in unterschiedlichen Gruppen, die verschiedene Funktionen und Einsatzgebiete haben.
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Bei Zöliakie werden beide Teile des Immunsystems aktiv und sind für das Entzündungsgeschehen an der Schleimhaut verantwortlich.
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Die Zöliakie-Antikörper, vor allem die Gewebstransglutaminase-IgA-Antikörper, stellen für die Zöliakie-Diagnostik ein wichtiges Hilfsmittel dar.